Sie sind die Dinosaurier der Arbeitswelt: Menschen, die vierzig Jahre und länger im Beruf stehen, vielleicht sogar bei einem einzigen Arbeitgeber. So lange und beständig durchzuhalten, ist nahezu unvorstellbar geworden in einer Zeit, in der sich unzählige Menschen von einem Job zum anderen durchhangeln, im wilden Wechsel der Aufgaben und oft von Arbeitslosigkeit unterbrochen. Der wie ein Nomade durch Büros und Werkshallen ziehende "flexible Mensch" gilt als Prototyp der modernen Arbeitswelt. Er steht für Politiker, Wissenschaftler, auch Journalisten im Mittelpunkt des Interesses. Auch von der "Generation Praktikum" und dem Heer der Langzeitarbeitslosen ist unentwegt die Rede. Doch die Langzeit-ArbeiterInnen sind derweil völlig aus dem Blick geraten - oder finden gerade noch müde belächelt als Relikt der Vergangenheit Beachtung.
In der Debatte zum demographischen Wandel tauchen ältere Arbeitnehmer fast immer nur als statistische Größe auf, als anonyme Masse und Problemgruppe. Die vorliegende Reportageserie will ihnen ein Gesicht und eine Stimme geben: Sie selbst kommen zu Wort mit ihrer persönlichen Geschichte, mit den Geschichten ihres Arbeitslebens, die sie geprägt haben. Und sie sind zu sehen mit ihren Gesichtern - in vielen Fällen übrigens überraschend jungen Gesichtern, denen man ein so langes Arbeitsleben kaum ansieht.
Die Serie stellt Beschäftigte vor, die seit rund 40 Jahren im Job sind. Es geht dabei nicht um die erfolgreiche Chefärztin oder den angesehenen Wissenschaftler. Sondern in erster Linie um diejenigen, denen weder Reichtum noch ein glanzvoller Aufstieg winken - also hauptsächlich Beschäftigte in ausführenden Tätigkeiten oder unteren Leitungsebenen der Betriebe. Die Protagonisten dieser Serie arbeiten in Großunternehmen, in mittelständischen oder Klein- und Familienbetrieben. Sie sind überwiegend Vertreter "alltäglicher" Berufe in Industrie, Handel und Dienstleistung - vom Elektrofacharbeiter bis zur Hebamme.
Die Fotografien zeigen unsere Gesprächspartner in ihrem heutigen Arbeitsumfeld: Bilder von Menschen, die mit einer bewundernswerten Selbstverständlichkeit und einem gelassenen Selbst-bewusstsein seit 40 Jahren im Job sind, sich nicht als "altes Eisen" fühlen und vielfach sogar noch länger bleiben wollen. Mitunter wissen sie über ihr Unternehmen mehr als manch ein Chef, der die Firma erst seit kurzem leitet, sie stehen für eine Generation, die ihre Betriebe noch bis in den letzten Winkel kennt. Einige von ihnen erlebt man in einer geradezu familiären Atmosphäre mit langjährigen ArbeitskollegInnen - und in manchen Fällen könnte man geradezu meinen, sie verkörperten so etwas wie die Seele des Betriebs.
© Dieter Seitz